Ein Narr der Held

Briefe ans Leben von Hermann Kükelhaus

 

Hermann Kükelhaus wird als jüngstes von fünf Geschwistern mitten in Deutschland im August 1920 geboren. Aufgrund seines freien und systemkritischen Denkens verwehrt man ihm den Schulabschluss und verurteilt ihn zu einem Jahr Bergbau unter Tage. Im Alter von 21 Jahren wird Hermann Kükelhaus an die russische Ostfront berufen, wo er in die wahnsinnigen Grausamkeiten des zweiten Weltkrieges gezwungen wird. Immerzu schreibt er. Auch im Schützengraben. — Als wären die Worte, die Sätze, die Chiffren seiner Gedanken die Anker und Säulen seines Daseins.

„Wisse, ich kam vom Ende der Welt. In den Kreis der Gestalten trat ich ein, wie ein Würfel fällt: Gewalt selbst — Doch ohne Gewalten…“

In Funken von Licht verwandelt sich seine Sprache; stürzt ihm gleichsam aus der Seele, auf übrige Fetzen von Papier; im Dunkeln, im Lärm, in Eiseskälte. Schaut dem Tod, dem Leiden ins Auge — und verzagt nicht.

„Nichts ist Vernichtung, alles nur Verwandlung.“

Grundlage unseres Programmes bilden die hinterlassenen Gedichte und Briefe des jungen Soldaten, Schriftstellers und Dichters.
Seine Zeugnisse aus dem Krieg sind erschütternd und berührend, mehr noch seine unglaubliche Liebe und Achtung vor dem Leben, dem Menschen jenseits kultureller oder nationaler Identität, seine Ehrfurcht vor einem Höheren im Menschen, das durch Entwicklung und Katharsis hindurch sich selbst und dadurch dem Anderen, dem Freund, seine gebührende Würde zuzueignen imstande ist.
Dies kommt durch seine niedergeschriebene, stille Sprache angesichts der verheerenden Ausnahmezustände eines menschenunwürdigen Krieges und Gesellschaftsstruktur auf eine bemerkenswerte Art zum Ausdruck und betrifft uns heute nicht minder. Kein Schmuck, keine Nostalgie kraust sich um seine Sprache. Sie steht bloß da — sie schaut dem Tod, dem Leiden ins Auge, und verzagt nicht. Von Tag zu Tag scheint Hermann Kükelhaus, kaum erwachsen, immer leidvoller, immer hoffnungsvoller, immer tiefer auf den Kern seines Wesens zu stoßen, auf den Kern des Menschen selbst, suchend nach dem, was besteht und neu hervorgehen möge aus dem Feuer der Zerstörung, aus dem Verstand-Verlieren in dieser tiefschwarzen Nacht der Geschichte…
Die Seele tut sich auf als Schauplatz der Welt. Der Krieg verlagert sich ins eigene Innere. Dort wird über Leben und Tod entschieden — ja, über die Würde des Menschen.
Wir möchten in ein (inneres) Gespräch mit dem Publikum treten anhand einer Thematik, vor der wir nicht die Augen verschließen wollen. Unpolitisch. Ins Drama der Zeit eine Stimme webend.

„Es ist Unglaubliches zu leisten.“ (H. Kükelhaus)

Unsere Erarbeitung verbindet Stücke und Auszüge aus Werken des Dichters durch eine dramatische Entwicklungslinie mit Musikwerken von Peteris Vasks, Zoltan Kodàly sowie Johann Sebastian Bach für Violine und Violoncello.


Mitwirkende

Eurythmie / Choreographie und Sprache: Aylin Bayboga, Franziska Pressler, Eugeniu Visan
Violine: Luise Kallmeyer
Violoncello: Barbara Noeldeke
Lichtgestaltung: Thomas Stott
Beleuchtung: Thomas Stott / Daniel Müller-Goldegg
Künstlerische Begleitung Eurythmie / Choreographie: Daniel Müller-Goldegg
Künstlerische Begleitung Sprache: Geoffrey Norris, Barbara Stuten

Ab 16 Jahren.